Anerkennung: Europ. Architektur Fotografie Preis 2023
Fünf Jahre Hochkultur. Meine Bildserie über den Julierturm passt perfekt zum Thema “Provisorium - Stopgap” des diesjährigen Europäischen Architekturfotografie Preises und erhält dafür eine Anerkennung von der Jury. Seine Baugenehmigung hat der Theaterbau nämlich nur unter der Auflage erhalten, dass er nach fünf Jahren wieder vollständig zurückgebaut wird. Während dieser Zeit bietet der Julierturm seinen Gästen eine atemberaubende Kulisse auf den Schweizer Julierpass zu allen Jahreszeiten. Das Publikum verteilt sich über vier Etagen auf kleine Emporen und blickt dabei nach Innen auf die Theaterbühne und nach außen in die raue, alpine Gebirgswelt. Betrieben wird das Theaterhaus von der Kulturstiftung Origen, die in der Region um Riom schon mehrere, einzigartige Kulturstätten ins Leben gerufen hat.
Als Teil meiner Serie “Modern Alpine Architecture” habe ich den Turm einen Tag fotografiert.
Die Wetterprognose ist nicht gerade verheißungsvoll für das Fotoshooting am Julierturm. Wolken, Wind, leichter Regen und ab 19:00 Gewitterwarnung sind die Vorboten für unser Shooting. Wenn ich bei meinen Architekturfotografien in den Alpen jedoch eine Sache gelernt habe, ist es, dass Wetter immer eine Stimmung erzeugt. Dramatisch ziehen die Wolken an den Gebirgskämmen des Julier Passes vorbei und erzeugen dabei ein weiches, gleichmäßiges Licht, welches die Rottöne des Holzturms sehr schön hervorhebt. Viel Zeit zur Kompositionssuche bleibt nicht. Gerade einmal zwei Stunden haben wir, bis es mit regnen anfängt. Gerade genug Zeit für einen Drohnenflug und einen Rundgang mit meiner Hasselblad X2D um den kleinen Gebirgssee herum. Der Julierturm versteckt sich bei der Kompositionssuche oft zwischen den grasbewachsenen Hügeln. Fast könnte man meinen, er ziert sich etwas fotografiert zu werden.
Als es zu regnen beginnt, verlagern wir unser Shooting ins Innere des Theaterturms. Die in Ochsenblut-Rot getränkten Dielen erzeugen eine Düsterheit im Entrée, die nur durch die goldenen Deckenbögen und die Sicht nach draußen unterbrochen wird. Es öffnet sich ein 360° Blick in alle Richtungen des Tals. Hinter jedem Fenster erwartet uns ein neuer Ausschnitt alpiner Natur, welche durch die Fensterbögen elegant gerahmt wird.
Über eines von vier naturhölzernen Treppenhäusern gelangt man zum Theatersaal. Dieser wirkt in seiner Breite gedrungen. Die kleine Bühne und die Emporen, in denen jeweils sechs Personen Platz finden, erzeugen Intimität und Zusammengehörigkeit im Saal. Der Blick des Betrachters wird auf die Vertikale des Raumes gelenkt. Von der Bühne, die an Zugketten befestigt in ihrer Höhe bewegt werden kann, bis zu dem pentagramartigen Deckengewölbe erstreckt sich der Saal über ca. 18m.
Technisch spannend ist für mich die Vielzahl an Kameratechnik, die bei diesem Shooting zum Einsatz kommt. Zusammen erzeugen der 1/2.3'' Sensor der DJI Mavic 2 Pro, der Vollformatsensor der Canon R5 und der Mittelformat Sensor der X2D ein homogenes Gesamtbild, dass auch in den gedruckten Motiven keine Wünsche offen lässt.
Der Julierturm wird Ende 2023 zurückgebaut. Ideen für einen permanenten Nachfolger des Theatersaals hat Origen allerdings schon präsentiert und schließt damit an den großen Erfolg dieses Projektes an.
Ich freue mich sehr über meine zweite Auszeichnung beim Europäischen Architekturfotografie Preis. Die Bilder werden zusammen mit allen anderen Gewinneraufnahmen momentan im Deutschen Architekturmuseum DAM in Frankfurt am Main ausgestellt.